Russische Katzen und Künstler

In den letzten zwei Jahren stand im Westen fast alles im Zeichen der körperlichen Aseptik. Seit dem russischen Überfall auf die Ukraine strebt man offenbar außerdem eine Art kultureller Hygiene an. Letzte Woche widmete sich diese Kolumne dem russischen Stardirigenten Waleri Gergijew und der nicht weniger bekannten Sopranistin Anna Netrebko, die wegen ihrer unbestreitbaren Nähe zu Putin allerlei Posten und Engagements in westlichen Staaten verloren haben.

Medienberichten ist allerdings zu entnehmen, dass der Bannstrahl zunehmend auch russische Kulturschaffende zweiten Ranges trifft, bei denen nicht bekannt ist, wie sie zur Politik Wladimir Putins oder dem Ukrainekrieg stehen, oder die sich sogar kritisch dazu geäußert haben. So hat die Deutsche Oper in Bonn ein Angebot an den Intendanten der Moskauer Helikon-Oper, Dmitry Bertman, zurückgezogen, die Revolutionsoper „Andrea Chénier“ von Umberto Giordano zu dirigieren. Diese Entscheidung sei angesichts des kriegerischen Konflikts „unumgänglich“, lässt die Oper mitteilen. Bertman ist bisher „nicht als Putinist aufgefallen“erläutert die FAZ.

Im kanadischen Vancouver ist ein Konzert mit dem 20-jährigen russischen Pianisten Alexander Malofejew abgesagt worden. „Er hat keine Verbindungen zu Putin und hatte sich nicht zu dem Krieg geäußert, als sein Auftritt abgesagt wurde“erklärt das britische Online-Magazin Spiked. Aber genau das werde ihm nun zur Last gelegt. Sie könne „zum jetzigen Zeitpunkt nicht mit gutem Gewissen ein Konzert eines russischen Künstlers veranstalten, wenn dieser nicht bereit ist, sich öffentlich gegen diesen Krieg auszusprechen“, zitiert Spiked die künstlerische Leiterin der Vancouver Recital Society, Leila Getz.

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